12 melodies of the star signs
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Keine Angst vor Stockhausen! Wer schon bei der bloßen Namensnennung zusammenzuckt, sollte der Musik des Monomanen der Neuen Musik eine zweite Chance geben. Denn Tierkreis ist eines der zugänglichsten Werke Stockhausens und eine der schönsten Musiken seines Schaffens, meint der amerikanische Posaunist Mike Svoboda, der federführend bei dieser Einspielung war. Dafür brachte Svoboda beste Voraussetzung mit, hat er doch zehn Jahre lang als Hausposaunist fur Stockhausen gearbeitet und kennt dessen Musik aus dem Effeff. Tierkreis unterscheidet sich von anderen Werken Stockhausens. Es gewahrt den Interpreten größeren Gestaltungsspielraum, den man sich allerdings hart erarbeitet muss. Wochenlang saß Svoboda am Schreibtisch und arbeitete die Partitur des Werks aus, um den Ansprüchen Stockhausens an die Interpretation als Verdeutlichung der Komposition gerecht zu werden. Der Aufwand hat sich gelohnt. Entstanden ist eine Musik, deren Klangfarbensprache feinfühlend poetisch ist, die melodische Qualitäten besitzt, sich gelegentlich clusterhaft verdichtet und in manchen Passagen auf überraschende Weise groovt. So rockig hat man Stockhausen noch nie erlebt.
Außerordentlich Dass Stockhausens Musik immer wieder unvermutete Berührungspunkte mit dem Jazz aufweist, ist nicht neu. So erfuhr das Stück "Aus den sieben Tagen" vor Jahren eine Ausdeutung unter Diego Masson, die am Bass ganz selbstverständlich Jean-François Jenny Clark, an den Blasinstrumenten Michel Portal einband - von den Interpretationen der Stockhausen Söhne Michael und Simon einmal abgesehen, die im Jazz ihre Karriere gemacht haben, was den Übervater Stockhausen übrigens wenig kümmert. Nun hat sich der Posaunist Mike Svoboda dem Zyklus "Tierkreis" angenähert und Musiker verpflichtet, deren Arbeit im Dunstkreis von eigenverantwortlicher Auslegung und Interpretation liegt, darunter Michael Riessler und Stefan Hussong. Herausgekommen ist ein beglückendes Ereignis, das frei ausschwingt. Der Zyklus besteht aus 12 einfachen Gesängen, die chromatisch ansteigend jeweils um einen Zentralton gruppiert sind (beginned mit Es für Wassermann, endend mit D für Steinbock). Jeder Melodie begegnet der Hörer zweimal: Zunächst fließt die notengetreue Aufführung mittels Zuspielband ein, um von den Musikern adaptiert zu werden - anschließend gibt Svoboda seinen Mitstreitern nur mehr Minimal Strukturen vor, um Stockhausens Melodien zur Total-Improvisation freizugeben. Sind Jazzer also die besseren Interpreten Neuer Musik? Sicher nicht! Aber der riskante Zugriff, die ungeheure Frische des Musizierens - das sind Begriffe, die zum Kernbereich des Jazz zählen. Glückliche Liaison!