Leverkusen Eine ungewöhnliche Instrumentenpaarung überzeugte in Schloss Morsbroich

Posaunist Mike Svoboda und Akkordeonist Stefan Hussong verblüfften im Schloss mit einer völlig neuen Hörerfahrung. Foto: Uwe Miseriu

Matinee wird Gesamtkunstwerk – von Monika Klein
Die Kombination der Instrumente Posaune und Akkordeon in einem Kammerkonzert ist eine nicht gerade gängige Besetzung. Insofern saßen wohl vor allem neugierige Zuhörer im sonntäglichen Matineekonzert von KulturStadtLev. Noch mehr Verwunderung löste ein Blick ins Programm aus, das sich auf zwei Namen beschränkte: Girolamo Frescobaldi und John Cage. Immerhin liegen zwischen deren Kompositionen mehr als 300 Jahre. Die wischten der Posaunist Mike Svoboda und Akkordeonist Stefan Hussong, beide hatten in der Vergangenheit schon in anderen Formationen in Leverkusen gastiert, einfach kurz beiseite.
Sie haben nämlich durchaus eine Verwandtschaft zwischen den beiden Musikern ausgemacht. Frescobaldi hat sich Anfang des 17. Jahrhunderts vokaler Madrigalvorlagen bedient, um daraus hochemotionale Instrumentalmusik zu komponieren, voller Affekte und als Ausdruck seelischer Befindlichkeit, die Musiker in seiner persönlichen Interpretation weitergibt. In seiner Zeit ein Akt der Befreiung, die John Cage 300 Jahre später noch viel radikaler anstrebte, indem er Melodische Vorgaben bewusst unkenntlich machte.
Für seine 44 Harmonies, von denen im Schlosskonzert nur ein Teil zu hören war, hat er Choräle mährischer Einwanderer benutzt, sich aber bewusst so weit wie möglich davon entfernt. Das Professoren-Duo hat aus diesem didaktischen Ansatz eine überzeugende Folge “Anarchic Harmonies” zusammengestellt, die die Hörerfahrungen der Besucher veränderte.
Sie verflochten nämlich einige von Frescobaldis instrumentalen Canzones mit Harmonies, die John Cage in der Sammlung “Apartment House 1776” zur 200-Jahr-Feier der Vereinigten Staaten veröffentlicht hatte. Und so verschmolzen sie beide zu einem neuen Gesamtkunstwerk, das von der älteren Musik eingerahmt wurde. Erstaunlicherweise änderte sich da die Wahrnehmung im Laufe der beiden Konzertteile. Hörte man die erste Canzona quinta detta la Tromboncina noch mit der Vorstellung von Alter Musik, die von beiden Musikern lebendig und pulsierend vorgetragen wurde, so erschien diese nach dem Cage-Zwischenspiel in anderem Licht. Vielleicht weil die Harmonies, die tatsächlich keine gewöhnungsbedürftigen oder allzu schrägen Harmonien enthalten, in ihrer ruhigen Schlichtheit die Ohren sensibilisieren.
Eine erstaunliche Erfahrung – möglich gemacht durch zwei Meister ihres Fachs.

[RP Online]